FRIEDER HOFMANN I POSITIONEN I PUBLIKATIONEN I PROJEKTE
... ein kleines Ländchen, mit Pusteblumenwiesen, Nebelwäldern und Straßen, die um die Bäume herumfahren mussten, kurz gesagt ein Ländchen, in dem schon die Namen der Orte nach Keksen, Bier und wilden Männerabenteuern klangen.
In diesem Ländchen stand unter raunenden Bäumen, hinter laut schnatternden Gänseherden, inmitten quakender Froschteiche eine Hütte, die schon viele Jahre auf dem Buckel hatte; aus einer Zeit, in der sich Bungaloff noch auf Lunikoff und Kalaschnikoff reimte.
Ihr Besitzer, der schon haufenweise tolle Paläste für andere Leute gebaut hatte, wollte nun auch mal seiner Familie und sich selber etwas Gutes tun.
Er beriet sich mit seinen Getreuen vom Bau, machte sich viele kluge Gedanken und verbreitete schließlich das Gerücht, daß er das marode Dach seiner Hütte erneuern wolle.
Natürlich glaubte ihm das keiner, denn er war auch bei den Behörden als kluger und weitsichtiger Bau-Herr bekannt. Und tatsächlich, nachdem zur Dacherneuerung die Baugruben ausgehoben, Säulen, Wände und Decken eingeschalt und eine gewendelte Treppe installiert worden waren, ließen sich unter dem erneuerten Dach der
alten Hütte umfangreiche Kleiderschränke, geflieste Badezimmer und ein großes Panoramafenster unterbringen.
Wie das, fragten da die Behörden und verlangten für die Antwort allerhand Geld. Das scherte nun den Bau-Herren jedoch wenig, weil er nur sein schönes Panoramafenster im Kopf hatte, von dem aus er seiner Frau das Abendrot im Ländchen zeigen wollte. Und da er keine Zeit hatte, ständig das Licht in Säcken in das Haus zu schaffen (wie es ansonsten im Ländchen allgemein üblich war), ließ er auch in allen anderen Räumen schöne große helle Fenster einbauen.
So staunten denn die Leute, die mit ihren Autos auf der fernen Straße vorbeifuhren, dass das Haus, das sich tagsüber mit seinen grasgrün gestrichenen Wänden im Moos versteckte, des Abends durch die Fenster wie von Gold erstrahlte.
Schließlich erklärte der Bau-Herr den Bau für beendet, auch wenn am Haus noch ein paar Teile fehlten. Es wurde gefeiert und getrunken, und wenn der Architekt, der dem Bau-Herrn bei einigen Kleinigkeiten zur Seite gestanden hatte, nicht einige Fotos von der alten Hütte angeschleppt hätte, würde jeder der Gäste, Freunde und Nachbarn Stein und Bein geschworen haben, dass an dieser Stelle schon immer ein großzügiges Landhaus gestanden sei.
(2008)
Dr.-Ing. Architekt Frieder Hofmann
gpfhofmann@parus-le.de
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Aktualisierung: November 2024
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